Krähen gehen auf Nummer sicher

Die Vögel setzen in gefährlichen Lebenslagen eher Werkzeuge zum Erreichen ihrer Ziele ein, um sich selbst zu schützen
Angesichts einer Schlange, werden Krähen vorsichtig und greifen zum Stock
Angesichts einer Schlange, werden Krähen vorsichtig und greifen zum Stock
© Alex Taylor
Auckland (Neuseeland) - Angesichts einer akuten Gefahr wird kaum jemand unüberlegt mit bloßer Hand handeln, sondern eher ein geeignetes Werkzeug zur Hilfe nehmen. Dasselbe tun auch Krähen: In einer kritischen Situation - etwa wenn eine Schlange neben dem Leckerbissen lauert - greifen die klugen Vögel zu einem Stock, um an das Futter zu gelangen. Ebenso wie Menschen und Schimpansen sind sie also in der Lage, in einem bestimmten Zusammenhang Werkzeuge zum Selbstschutz einzusetzen, berichten Psychologen aus Neuseeland im "Journal of the Royal Society Biology Letters".

"Diese Vögel schätzen den Wert ihres Körpers höher ein als den eines Werkzeugs", schreiben Alex H. Taylor von der University of Auckland und seine Kollegen. Daher verwenden sie in riskanten Situationen Werkzeuge. Die Wissenschaftler hatten elf ausgewachsene, wilde Neukaledonienkrähen (Corvus moneduloides, auch Geradschnabelkrähe genannt) eingefangen und für einen Zeitraum von drei Monaten in ihre Versuchanlage verfrachtet. Sie testeten das Verhalten der Krähen in einer Reihe von Experimenten. Im entscheidenden Versuch platzierten sie einen Leckerbissen am Rand einer vergitterten Kiste, den die Vögel einfach auch mit dem Schnabel erreichen konnten. Gleichzeitig stellten sie den Tieren eine Reihe von Stöcken als Werkzeuge zur Verfügung, um an den Happen zu gelangen. Mit in dieser Köder-Box befand sich entweder eine den Krähen vertraute Futterschale, oder ein unbekannter Gegenstand: ein Teddybär oder eine Schlangenattrappe.

Die beiden neuen Objekte lösten gleichermaßen eine gewisse Vorsicht aus, die auch als Neophobie bezeichnet wird. Doch war die Schlangenattrappe in der Box, nutzten die Krähen deutlich häufiger einen Stock als Werkzeug, um nach dem Leckerbissen zu fischen, als wenn der Teddybär oder die vertraute Futterschale anwesend waren. In Anbetracht des Objektes, das einen natürlichen Räuber darstellte und damit potenziell gefährlich war, schützten sie sich also häufiger als bei einem weniger bedrohlichen Objekt. Die Krähen, so halten die Forscher für möglich, könnten die Schlange aus verschiedenen Gründen als gefährlicher einstufen - etwa aufgrund von Erfahrungen in der Wildnis, genetischer Veranlagung oder wegen des natürlicheren Aussehens.

Sonderlich erfolgreich waren die Krähen übrigens nicht, wenn sie in Gegenwart der Schlange versuchten, das Futter zu bekommen. Während sie den Happen neben der Futterschale in 66,6 Prozent der Fälle aufnahmen, gelang ihnen dies neben dem Teddy nur noch in 27,3 Prozent und mit der Schlange nur noch in 7,1 Prozent der Fälle. Ob dies daran lag, dass sie zunächst einfach nur die Situation überprüften, oder sich angesichts der Schlange ängstlicher und ungeschickter dabei anstellten, an den Leckerbissen zu kommen, darüber lassen die bisherigen Experimente keinen Rückschluss zu.

© Wissenschaft aktuell
Quelle: "Context-dependent tool use in New Caledonian crows", Alex H. Taylor et al.; Journal of the Royal Society Biology Letters, doi:10.1098/rsbl.2011.0782


 

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