Wie Insekten ihre Flügel schlagen

Mit Hochgeschwindigkeitskameras und künstlicher Intelligenz entschlüsseln Forscher die komplexe Mechanik des Flügelschlags von Fliegen
Fotomontage des Flug einer Taufliege - aufgenommen mit 7500 Bildern pro Sekunde.
Fotomontage des Flug einer Taufliege - aufgenommen mit 7500 Bildern pro Sekunde.
© Florian Muijres, Dickinson Lab
Pasadena (USA) - Insekten waren die ersten fliegenden Lebewesen auf der Erde. Die ältesten Fossilien geflügelter Insekten sind mehr als 300 Millionen Jahre alt. Doch bis heute konnte die komplexe Mechanik der hunderte Mal pro Sekunde schlagenden Insektenflügel nicht im Detail erklärt werden. Diese Wissenslücke stopften nun amerikanische Forscher mit einem kombinierten Ansatz basierend auf Beobachtung, Computermodellen und Methoden der künstlichen Intelligenz. Wie sie in der Fachzeitschrift „Nature“ berichten, offenbaren ihre Ergebnisse das Zusammenspiel von Muskeln, Gelenken und Insektenkörper.

Je nach Insektenart wie Käfer, Libelle oder Fliege unterscheidet sich der komplizierte Bewegungsapparat deutlich. Doch am Beispiel der Taufliege Drosophila melanogaster entschlüsselten Johan M. Melis vom California Institute of Technology in Pasadena und seine Kollegen die grundlegenden Prinzipien des Flügelschlags. Mit drei Hochgeschwindigkeitskameras zeichneten sie insgesamt 485 Flugmanöver von 82 Fliegen dreidimensional auf. Während der untersuchten 72.219 Flügelschläge beobachteten sie zusätzlich die Aktivität von zwölf Insektenmuskeln im Zusammenspiel mit den vier Gelenkknöchelchen, den Skleriten, die den Körper mit dem Flügel verbinden. Möglich war dies mit genetisch veränderten Taufliegen, deren Transport an Calcium-Ionen als Maßstab für die Muskelaktivität über ein fluoreszierendes Protein mit einer weiteren speziellen Kamera gefilmt werden konnte.

Bei jedem Flugmanöver konnten die Forscher simultan die Bewegung der Flügel und Skleriten sowie die Muskelaktivität beobachten. Bei der Analyse der komplexen Abläufe setzten sie Methoden der künstlichen Intelligenz ein, um für jedes Manöver die entsprechenden Aktivitätsmuster von Gelenk und Muskeln erkennen zu können. Dabei zeigte sich, das die meisten Muskeln für die Ausrichtung der Flügel verantwortlich waren. Weitere einzelne Muskeln sorgten neben den Verformungen des Insektenkörpers für die relativ kraftvollen Vor- und Rück-Schläge der Flügel.

Zur Überprüfung ihrer Analysen fütterten die Forscher auch ein ausschließlich auf physikalischen Abläufen beruhendes Fliegenmodell im Computer mit den gewonnenen Daten. Tatsächlich führten die eingegebenen Werte für Gelenkbewegung und Muskelaktivität zu den gleichen Flügelbewegungen und Flugmanövern wie bei einer lebenden Taufliege. Insgesamt decken sich die neuen Ergebnisse mit älteren, deutlich weniger detailreichen Beobachtungen des Flügelschlags. Darüber hinaus gelangen aber viel genauere Einblicke in das komplexe Zusammenspiel der zwölf winzigen Muskeln, den vier Skleriten des Flügelgelenks und des Insektenkörpers. Es ist nicht ausgeschlossen, dass auf dieser Basis nun auch wendigere und effizientere Flugroboter nach dem Vorbild der Insekten entwickeln lassen.

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