Wie Wurzeln die Bodendichte registrieren

In sehr kompakter Erde kann das gasförmige Pflanzenhormon Ethylen nicht mehr entweichen, so dass es sich in den Wurzeln anreichert und deren Wachstum hemmt
Stark poröser Humusboden ist für das Wurzelwachstum optimal.
Stark poröser Humusboden ist für das Wurzelwachstum optimal.
© Edafologia2.0 / Creative Commons Lizenz CC BY-SA 4.0, https://creativecommons.org/licenses/by-sa/4.0/deed.en
Nottingham (Großbritannien) - Lockerer Boden erleichtert die Wurzelbildung von Pflanzen. Sehr kompakte Erde erschwert das Eindringen der Wurzeln und beeinträchtigt das Wachstum der Pflanze insgesamt. Die Wurzelspitzen stellen ihr Wachstum aber nicht einfach deshalb ein, weil sie auf eine mechanische Barriere stoßen, wie ein internationales Forscherteam jetzt herausgefunden hat. Vielmehr registrieren die Wurzelspitzen das Hindernis im Voraus und auf indirekte Weise: Wenn ein von ihnen freigesetztes gasförmiges Hormon nicht mehr durch Bodenporen entweichen kann, reichert es sich im Wurzelgewebe an. Das löst Reaktionen in den Zellen aus, die das weitere Längenwachstum stoppen, berichten die Wissenschaftler in „Science“. Sie konnten zeigen, dass die Wurzeln genetisch veränderter Pflanzen, die nicht mehr auf das Hormon reagieren, verdichtete Böden besser durchdringen. Diese Ergebnisse eröffnen neue Möglichkeiten, Wachstum und Ertrag von Nutzpflanzen auf schlechten Böden zu steigern.

„Zu verstehen, wie Wurzeln harte Böden durchdringen, ist von immenser Bedeutung für die Landwirtschaft“, sagt Malcolm Bennett von der University of Nottingham. Dieses Wissen sei die Voraussetzung dafür, Nutzpflanzen zu züchten, die widerstandsfähiger gegen Bodenverdichtung sind. „Wir vermuten, dass Ethylen den Wurzeln als Frühwarnsignal dient und sie davon abhält, in verdichtete Böden einzudringen“, erklären die Wissenschaftler. Das Pflanzenhormon Ethylen (auch als Äthylen, Ethen oder C2H4 bezeichnet) reguliert Wachstums- und Entwicklungsprozesse sowie Stressreaktionen. Die Bodenverdichtung ist ein gravierendes Problem für viele Anbauflächen in Europa und kann die Ernteerträge beträchtlich verringern. Ursache ist zum einen der Einsatz schwerer landwirtschaftlicher Maschinen, die durch Druck auf den Boden die Luftporen in der Erde zerstören. Zum anderen verhindern mangelnde organische Düngung und Schädigung der Bodenorganismen durch Pestizide den Erhalt einer lockeren Bodenstruktur.

In Laborexperimenten mit Reispflanzen und der Ackerschmalwand (Arabidopsis thaliana) verglichen die Forscher das Wurzelwachstum in lockerer und dicht gepackter Erde. Dabei nutzten sie Pflanzen mit einem gentechnisch veränderten, auf Ethylen reagierenden Protein. So konnten sie eine Anreicherung des Hormons in den Wurzelzellen durch eine grüne Fluoreszenz direkt sichtbar machen. Die Wissenschaftler beobachteten ein gehemmtes Wachstum der Wurzeln in verdichteter Erde bei gleichzeitigem Anstieg des Ethylengehalts in den Wurzelspitzen.

Es war aber nicht so, dass der mechanische Widerstand des harten Bodens die Hormonproduktion verstärkte. Stattdessen konnte das gleichbleibend freigesetzte Ethylen mangels ausreichender Luftporen nicht mehr aus der kompakten Erde entweichen. Das führte zu einem erhöhten Hormongehalt in den Wurzeln, was das Längenwachstum der Wurzelzellen hemmte. Wurzeln genetisch veränderter Pflanzen, die nicht mehr auf Ethylen reagierten, drangen tiefer in verdichtete Erde ein als die Wurzeln normaler Pflanzen. Gentechnisch veränderte oder konventionell gezüchtete Pflanzen, deren Wurzelwachstum in harten Böden durch Ethylen nicht mehr gehemmt wird, könnten daher nach Ansicht der Forscher auf solchen Böden besser wachsen und höhere Erträge liefern.

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