Nicht nur Pyramiden: Die alten Ägypter kannten offenbar ein pulsierendes Stadtleben

Forscher entdeckten altägyptisches Verwaltungszentrum sowie Getreidesilos für die Versorgung einer Stadt.
Chicago (USA) - Was machten die alten Ägypter eigentlich, wenn abends ihre Schicht beim Pyramidenbau zu Ende war? Offenbar gingen sie zurück in ihre Siedlungen und Städte und genossen den Feierabend. Denn auch die alten Ägyptern pflegten bereits ein urbanes Leben, wie jetzt gerade ein amerikanisches Forscherteam herausfindet. In Tell Edfu entdeckten die Archäologen vor kurzem ein großes Verwaltungsgebäude und sieben große Getreidesilos, die ungefähr 3.500 Jahre alt sind. Bisher hatte die Forschung urbanes Leben vor allem in den Hochkulturen des Zweistromlandes vermutet.

"Die traditionelle Sichtweise des alten Ägyptens wird dadurch, dass die meisten Grabungsarbeiten sich bisher auf Tempel und Grabstätten konzentrierten, etwas schief", erklärt Gil Stein vom Oriental Institute der University of Chicago. "Die Erdwälle, die die Überreste der altägyptischen Städte umfassen, wurden entweder ignoriert oder unter modernen Städten begraben oder durch landwirtschaftliche Aktivitäten zerstört. Edfu ist einer der wenigen übrig gebliebenen städtischen Erdwälle, die einer wissenschaftlichen Untersuchung zugänglich sind."

In Tell Edfu entdeckte das Team um Nadine Moeller vom Oriental Institute der University of Chicago eine Art Stadtzentrum. Interessant daran sind zum einen sieben Getreidesilos, die jeweils einen Durchmesser zwischen 5,5 und 6,5 Metern hatten. Getreide war im alten Ägypten nicht nur ein Nahrungsmittel, sondern den Archäologen zufolge auch eine Art Zahlungsmittel. Somit können die Silos auch als Bank betrachtet werden.

Das Herzstück dieser alten Gemeinde aber ist das Gebäude, das die Archäologen als Verwaltungsgebäude betrachten. "Die altägyptische Administration ist hauptsächlich aus Texten bekannt", erklärt Moeller. "Aber das gesamte Verständnis der in diese Verwaltung involvierten Institutionen und ihrer Rolle in den Städten und Stadtzentren ist nur schwer zu erlangen wegen des Mangels an archäologischen Funden, mit denen die Textdaten kombiniert werden müssten." Das jetzt gefundene Gebäude stammt vermutlich aus dem 18./17. Jahrhundert vor Christus, also aus der 13. Dynastie, war aus Lehmziegeln gebaut und besaß 16 Holzsäulen. Die ganze Gebäudeanlage deutet darauf hin, dass das Gebäude Teil eines Gouvernementpalasts war. Vermutlich wurde er genutzt, als die politische Einheit des alten Ägypten zerbrochen war und ein eigenes kleines Königreich sich in Theben (dem heutigen Luxor) gebildet hatte und Oberägypten kontrollierte.

"In dieser Zeit [der 13. Dynastie] sehen wir ein Wachsen der Verbindungen zwischen der Provinz-Elite, wie etwa der Familie des Gouverneurs, und der königlichen Familie in Theben, die an einer Stärkung der Verbindungen durch Heirat interessiert waren", erklärt Moeller. "Es war genau in dieser Zeit, als Edfu offenbar sehr wohlhabend war. Das kann jetzt durch archäologische Entdeckungen wie die Silos bestätigt werden, die ein Symbol des Reichtums der Stadt waren."

University of Chicago
Quelle: University of Chicago


 

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