Gehirn unterscheidet zwischen mathematischen und enzyklopädischen Zahlen
Die Forscher schätzen, dass der Mensch pro Stunde mit etwa 1000 Zahlen umgeht. Bei Menschen, die in Zahlenberufen arbeiten wie Bankkaufleute, Finanzbeamte oder Steuerberater, sind es noch weitaus mehr. Dabei ist es nicht so, dass der moderne Mensch pausenlos rechnet. Aber er hat ein eindeutig in Zahlen ausdrückbares Geburtsdatum, er hat eine Telefonnummer, eine Kontonummer, eine PIN, vielleicht eine Liste mit TANs. Er schreibt Datumsangaben, Uhrzeitangaben, Geldbeträge, kauft sich eine 501er Jeans in Größe 30/34, hat Dienstzimmer 311 und fährt mit Bus 234 zur Arbeit.
Der Patient, den das Team um Marinella Cappelletti vom University College London untersuchen konnte, leidet unter einer links-temporalen Dysfunktion, verbunden mit einer Temporallappen-Epilepsie. Dies bewirkte den Verlust seines Zahlenwissens, nicht aber den Verlust seiner Rechenfähigkeit. Der Fall dieses Patienten ist bisher einzigartig. Denn in anderen Fällen, wo es um den Verlust von Zahlenkenntnissen ging, konnten die Patienten nicht mehr rechnen, kannten aber durchaus noch ihr Geburtsdatum oder ihre Kontonummer. Der aktuelle Fall erhärtet den Verdacht, dass das Gehirn sehr strikt unterscheidet zwischen mathematischen und enzyklopädischen Zahlen.